Wenn Sie mich fragen, was eine Mediation ausmacht, dann fallen mir vor allem das Gespräch, das Verhandeln und die Ergebnisoffenheit ein. Sicherlich gibt es noch viel mehr Punkte, die für eine Mediation wesentlich sind, doch vor allem diese möchte ich in dem folgenden Kontext beleuchten.
Menschen, die ohne Streit nicht mehr ins Gespräch kommen (wollen), unendlich diskutieren, ohne einander zuzuhören und letztendlich auf dem eigenen Standpunkt beharren, kommen nicht ins Gespräch. Sie erfahren nichts von dem anderen, seinen Gedanken, Interessen und Wünschen, und von seinen Gefühlen. Sie „hören“ nicht hin und können nicht wahrnehmen, was der jeweils andere ihnen mitteilen möchte. Jegliches Gespräch oder Gesprächsversuch wird dann als lästige Auseinandersetzung empfunden.
Das Gespräch im Rahmen des Mediationsverfahrens soll aber gerade klärend sein. Denn in Wirklichkeit tragen die Menschen (Konfliktparteien) immer nur ihren Teil der Wahrheit in sich. Durch den Kommunikationsprozess im Gespräch können sich die Teilwahrheiten ergänzen, statt gegeneinander aufgewogen zu werden. Die inneren Beweggründe des jeweils anderen werden sichtbar. Nicht umsonst wird auch oft vom „Licht ins Dunkle bringen“ gesprochen. Wir können plötzlich begreifen, warum der jeweils andere so ist, handelt oder auch fühlt.
Das im klassischen Sinn gemeinte Verhandeln ist mir aus meiner Tätigkeit als Juristin / Rechtsanwältin sehr gut bekannt. Dabei geht es darum, Positionen und Gegenpositionen darzustellen und jede Partei kämpft dafür, dass die eigene Position obsiegt und Recht bekommt. Vielfach geht es zudem um die Beweisbarkeit der vorgetragenen Fakten und Vereinbarungen. Nicht selten wird das Streitanliegen, der Konflikt unter Zuhilfenahme eines Gerichtsverfahrens entschieden.
Das Verhandeln im Rahmen des Mediationsverfahrens sieht in der Lösung des Konflikts nicht die Durchsetzung von Positionen, sondern die kreative Berücksichtigung vereinbarer Interessen der Menschen. Wir sprechen über die vordergründigen Themen und berücksichtigen die dahinterliegenden, offenbarten Interessen. Der Mensch mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt des Geschehens und nicht der Vorgang bzw. das Anliegen.
Das Mediationsverfahren ist ergebnisoffen, d. h. alle Beteiligten lassen sich auf den Verfahrensprozess ein und arbeiten kooperativ am Konflikt und führen diesen einer tragfähigen Lösung und damit positiven Änderung zu. Eine (vorgegebene) Lösung durch eine höhere Instanz (wie z. B. Führungskraft, Anwälte, Gericht etc.) ist nicht das Zielbild des Mediationsverfahrens.
Durch den Mediator werden die Medianden dabei unterstützt, sich sowohl ihrer eigenen Interessen und Bedürfnissen bewusst(er) zu werden als auch die der anderen Partei besser nachvollziehen und verstehen zu können. Diese Klarheit führt dazu, dass die Kontrahenten einen zufriedenstellenden Umgang mit der problematischen Situation finden. Auf Basis der von den Parteien erarbeiteten und verhandelten Handlungsideen wird eine tragfähige Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen. Diese kann zum Beispiel aus einer einfachen handlungsleitenden Formulierung, wie „Jeden Montagmorgen werden wir uns zu einem 30-minütigen Austausch zur Wochenplanung treffen“, bestehen.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, ich auf keinen Fall den Nutzen von Juristen, Anwälten, Richtern und deren Tätigkeiten in Abrede stellen will. Sie sind in vielen Bereichen wichtig und hilfreich, elementar und sogar auch notwendig. Dennoch gibt es meines Erachtens Bereiche / Konflikte, die mittels eines Mediationsverfahrens innovativer gelöst werden können. Denn unter den Menschen selbst formulierte Vereinbarungen sind sehr viel zugänglicher, verständlicher und auch nachhaltiger, da ihre Umsetzung durch abgestimmte und selbst formulierte Maßnahmen vor Umsetzungsschwierigkeiten gesichert werden können.
Zu guter Letzt: Trotz des Konflikts können (wichtige) Beziehungen, wie im Berufsleben unter Kollegen oder zwischen einzelnen Unternehmen, aber auch im Privatbereich zwischen Nachbarn, Paaren oder sonstigen Personen, erhalten bleiben. Dafür steht die Mediation. Sie unterstützt dabei, eine andere Kultur der Zusammenarbeit zwischen den – ehemaligen – Kontrahenten zu finden.